#KITASTREIK- wenn sich Angebot und Nachfrage solidarisieren

Unsere Kita streikt seit vergangener Woche, #KITASTREIK bundesweit. Obwohl wir nun in den vergangenen Wochen eine Reihe an Streiks hatten, habe ich das Gefühl, dass unser Streik irgendwie ganz besonders ist. Ich glaube ich war eine der ersten, die angetanzt kam und nachdenklich nachfragte ob das, was in den Medien erzählt wird auch uns betrifft. Meine Anfrage wurde damals noch mit einem „das betrifft unsere Einrichtung nicht“ vertröstet. Nun kam es aber dann doch anders! Wir sind von den Erzieherinnen und der Leitung „angefragt“ worden, ob wir denn unser Kind eventuell etwas früher abholen könnten. Ja. Ein ja, mit ganz viel aber, aber dennoch ja. Ein partnerschaftlicher Marathon, bei dem das rohe Ei, in diesem Fall Kind, ohne Schaden ans Ziel geführt muss. Ich glaube wir machen uns ganz gut. Aber, das muss man auch erwähnen, nur, weil ich jetzt wieder studiere, und einigermaßen flexibel bin. Wohl kaum möglich bei meinem alten Job!

Es ist in der Tat eine etwas komplizierte Umgestaltung des Alltags. Dennoch! Ich habe vollstes Verständnis dafür und kann mich auch noch solidarisieren damit. Ich gebe den streikenden Recht! Reproduktionsarbeit, Care-Arbeit sollte, ja muss sogar besser entlohnt und sichtbar gemacht werden. Care Revolution fängt tatsächlich wie Gabriele Winker es in ihrem Buch betont im kleinen an, sondern genau zuerst bei uns selbst.

Gewisse subsistenziell notwendige Arbeitsbereiche wurden schon immer im dunklen Kämmerlein gehalten. Je unsichtbarer desto besser. Der Aufstand war schon immer unerwünscht. Während die damalige Dualität überwiegend, ja fast ausschließlich zwischen Mann und Frau ablief, haben wir seit der Kolonialisierung eine Frau-Frau-Dualität. Während Frau sich noch beschwert die ungerechte und ungewürdigte Reproduktionsarbeit selber verrichten zu müssen, wälzt sie bei erster Gelegenheit diese Arbeit auf eine andere Frau und nimmt sie auf üblere Art aus.

Engpässe, Misszustände und „artenungerechte“ Zumutungen- so könnte man die Situation im Care-Bereich bezeichnen, egal ob bei jung oder alt. Darin mit inbegriffen die Lohnarbeiter dieser Sphäre. Wir dürfen uns jedoch nicht wundern, ganz nach Goethes Zauberlehrling:“… die Not ist groß, die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los.“ haben wir das ja alles uns selbst zu verdanken.  Wie zu Beginn gesagt, könnte es nun tatsächlich zu einer Wende kommen, zumindest einem kleinen Hauch an Veränderung zu verdanken sein, dass zumindest im #KITASTREIK Angebot (Einrichtung) und Nachfrage (Eltern) sich einig sind und gemeinsam sich solidarisch gegen schlechte Arbeitsverhältnisse und Bezahlung aussprechen.

In diesem Sinne, unsere Kita streikt und das ist gut so!

 

Bildquelle: https://blockupy.org/wp-content/uploads/2013/04/logo-care-revolution.jpg

1. Mai : Tag der unsichtbaren Arbeit alias Care- Migration

care migration

Morgen ist 1. Mai, Tag der Arbeit. In Deutschland ist dieser Feiertag relativ ruhig, nur historische Dokumentationen erinnern uns an die hitzigen Debatten und Demonstrationen . Viele werden sich morgen, bei schönem Wetter über das verlängerte Wochenende freuen. Morgen ist aber auch Tag der unsichtbaren Arbeit. Der Reproduktions- Care-Arbeit. Oft unentgeltlich oder schlecht bezahlt. Oft von Migranten ausgeübt.  Immer noch eine Branche, in der der Mindestlohn noch lange nicht ankommen wird.

Unter Reproduktionsarbeit fallen alle Tätigkeiten im Bereich Haushalt, Kinderbetreuung, Krankenpflege, etc. hinein. Diese als notwendig und sinnvoll eingestufte Arbeitsform, wird leider absolut gegensätzlich belohnt. Hauptsächlich betroffen sind Frauen, die spätestens in ihrer Rente mit einem starken finanziellen Defizit, häufig von Altersarmut, gequält werden. Sie sind überwiegend Mitte 30 bis 50, haben selber sehr früh Kinder bekommen, keine abgeschlossene Berufsausbildung oder Schulabschluss und einen Migrationshintergrund. Die eigenen Kinder sind einigermaßen selbstständig. Die Frau kann sich nun in der Arbeitswelt einbringen. Da allerdings alle Zugangsqualifikationen für den Arbeitsmarkt fehlen, wird oftmals im Jobcenter ein CARE-Beruf angeraten. Kinderbetreuung, Alten-und Krankenpflege oder Reinigungskraft/Haushaltshilfe. 

Immer schön unsichtbar bleiben

Man stelle sich mal vor, was passiert, wenn ein kranker, alter Mensch bettlägerig ist und einen ganzen Tag nicht gepflegt und versorgt wird. Ebenso das Beispiel von einem Kleinkind, welches den ganzen Tag alleine ist. Nicht vorstellbar. Unzumutbar, ja gar unmenschlich. Die städtischen Betreuungsmöglichkeiten von „bedürftigen“ Menschen sind in Deutschland in allen Städten entweder völlig ausgelastet oder sogar für Jahre im voraus ausgebucht. Eine Alternative muss her. Im Bereich der Kinder springen oft Tagesmütter ein. Eine adäquate Alternative. Für viele Mütter ein Rettungsring auf hoher See. Interessant ist hier, dass oftmals Tagesmütter ins Spiel kommen, die im Regelfall auf Grund von Konfession, Kleidungsstil oder manchmal sogar nicht ausreichendem Deutsch keinen Arbeitsplatz bekommen würden. Eigentlich eine gute Gelegenheit für diese Frauen könnte man sich denken. Wäre die ganze Angelegenheit auch fair, hätte die Sache eigentlich keinen Hacken. Dem ist aber nicht so. Diese Frauen betreuen Kinder von berufstätigen Frauen, fünft Tage die Woche, manchmal sogar am Wochenende, Ferientage sowieso. Bei manchen „Arbeitgebern“ und „Arbeitnehmer“ Konstellationen kann man sich sicher sein, dass die Not diese beiden Parteien zusammen gebracht hat, denn soziales Umfeld und gesellschaftlicher Status sind so unterschiedlich, dass mehr kaum geht. Die traurige Pointe an der Geschichte ist nun, dass ein über die Stadt (Schulamt und Co.) laufendes Betreuungssystem den Frauen weder Urlaubs- noch Krankengeld gewährleistet. Die Frauen sind teilweise auf Grund ihrer finanziellen Situation auf das geringe Einkommen angewiesen. Man kann sich sicherlich denken, dass kaum eine Frau diese „harte“ Arbeit zur Entspannung, als Hobby oder einfach nur zum gesellschaftlichen Gemeinwohl ausübt.

Es macht nachdenklich und traurig zugleich zu sehen, dass wir als Gesellschaft und als Land mehr Geld in unser Bankensystem investieren können und wollen. Es ist ein menschliches Versagen, nicht ausreichend genug in die Zukunft sehen zu können, um zu sagen, dass wir jetzt und sofort in unsere Kinder investieren müssen, um einigermaßen stabil als gesellschaftlich-kommunale Konstruktion bestehen zu können. Der Mensch sollte immer noch, oder gerade jetzt noch mehr im Fokus und Vordergrund stehen, egal in welchem Alter und welcher Herkunft.

Ich wünsche mir für alle türkischen, bulgarischen, polnischen, marokkanischen, afrikanischen (und was es noch für Nationen gibt) Frauen, die täglich unsere Kinder, Alten und Kranken pflegen und betreuen, unseren schlimmsten Dreck, den wir niemals unseren Freunden und Bekannten zeigen, geschweige denn zumuten würden, tagtäglich von neuem wegmachen

♥SICHTBARKEIT UND FAIRNESS♥

 

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