Und dann kamst du…

Heute vor genau 12 Jahren wusste ich um diese Uhrzeit noch nicht, was mir in den kommenden zwölf Stunden bevorstand und, dass ich noch vor Mitternacht eine Mama werden sollte. Ich lag bereits seit knapp einer Woche im Krankenhaus, nachdem uns ein Auto die Vorfahrt genommen hatte und ich aufgrund eines Blasensprungs und vorzeitigen Wehen direkt vom Unfallort ins Krankenhaus gefahren wurde. Nach unzähligen Tests, Unmengen Antibiotika und Kortison- für eine schnellere Lungenreifung-entschied der Chefarzt aufgrund meiner ansteigenden Körpertemperatur, mittags, in der 34 Schwangerschaftswoche, die Geburt mittels eines Wehenmittels einzuleiten. Meine Hormone spielten schon seit dem Unfall Ballerspiele in meinem Körper, vor allem weil ich bereits vor dieser Schwangerschaft eine unerwartete Fehlgeburt hinter mir hatte, und ich das Gefühl hatte, dass wir nun ein deja-vu erleben, nur noch extremer. Ich wurde über Risiken und Chancen aufgeklärt und, seien wir mal ehrlich, ohne eigentlich realistische Wahlmöglichkeit mit dem Tropf zusammengebracht. Da ich schon seit Kindesalter allergisch gegen Paracetamol bin (nicht nur Ausschlag, sondern gleich volles Programm, mit Schock und Co.) dockte das Mittel sofort an. Der Unterschied zu einer „natürlichen Geburt“ und einer eingeleiteten ist meiner Erfahrung nach, dass im zweiten Fall weder Körper noch Geist auf das, was folgt eingestellt sind. Es geht von jetzt auf sofort los! Und das mit Tempo 200! Während ich mit dem schicken Rollstuhl in den Kreissaal gefahren wurde, sagte ich zur Krankenschwester, dass ich noch nicht bereit bin. Ich hatte erst zweimal beim Vorbereitungskurs mitgemacht. Am Abend des Unfalls hätten wir an einer Krankenhausführung und Infoveranstaltung teilgenommen und alles kam innerhalb weniger Sekunden anders! Die Schwester lächelte und fuhr mich auf der Station von Zimmer zu Zimmer und sagte „ich mache für Sie eine Sonderführung“. Ich wusste, dass das auf die kommenden Stunden keinerlei Einfluss haben wird aber ich fühlte mich als Mensch in Not verstanden.

Es folgten die intensivsten 12 Stunden meines Lebens. Nein- unseres Lebens! Mein Mann, mein Kind und ich! Ich will allen Schwangeren, zukünftig Gebärenden, im Kreissaal bangenden und tief, wirklich extrem tieeeef atmenden Menschen nichts vorwegnehmen aber- da kommt noch was auf euch zu! Nicht negativ! Keineswegs! Aber derart intensiv und so voller Leben, dass kein ähnlicher Vergleich auf Anhieb passen würde! Man verliert jegliches Raum- und Zeitverständnis. Ein Minutenschlaf zwischen zwei Wehen fühlt sich wie eine kleine Ewigkeit an und Presswehen kann ich heute immer noch nicht wirklich verbal adäquat beschreiben… Aber das ist absolut ok, ja sogar perfekt, denn ich glaube, dass eine Geburt so unbeschreiblich persönlich und definitiv individuell ist. Nach 12 Stunden Dauerwehen, zwei Schichtwechseln, keinem Geschrei und Null Drogen, kamst du….

In dem Moment ertönte für uns dieses Lied: Than I saw her face, now I’m a believer…. von den Monkeys… ja wir sind seit dem Tag „Believer“…. Seit 12 Jahren und forever….. Ich weiß, dass du dich so sehr freust, dass du jetzt nicht mehr die Kinderzahnpasta benutzen musst, dass du jetzt andere Filme schauen darfst und dass du offiziell schon Jugendliche genannt werden darfst und obwohl es mich manchmal traurig stimmt, dass das alles viel zu schnell geht, gönne ich dir diese Freude auf das Großwerden… ich weiß, dass es manchmal shitty ist, eine Mama zu haben, die alles vorher weiß, eine extreme Spaßbremse ist, zu jedem Vorfall sofort einen Vortrag halten muss, einen kleinen- ok, nur weil du Geburtstag hast, einen ziemlich großen Hang zum Perfektionismus hat… Wenn ich dich nachts zudecke sehe ich mein kleines Baby… Beim Frühstück finde ich meine Geschmacksgenossin genüsslich ihr Avocado Brot essend vor…. Nach der Schule sehe ich eine kleine Kämpferin, die es sich nicht anmerken lässt, dass sie Systemkritikerin und Weltverbesserin ist und hinter der coolen Fassade eigentlich extrem feinfühlig und zerbrechlich ist… Im Chaos deines Zimmers sehe ich das rebellierende Pubertier, von dessen Energie ich bewältigt und begeistert bin und es mir aus mütterlichen Verpflichtungen nicht anmerken lassen darf… Bei der Buchfanatikerin sehe ich eine fruchtende Anlage, die ich während Shopping Touren und Buchmessebesuchen fleißig angelegt habe…. In deiner wunderschönen Handschrift und deinen meisterhaften Bildern sehe ich deine große Gabe für Kunst und Ästhetik… In deinen Tränen bei traurigen Szenen in Filmen sehe ich dein Wackelpudding-Herz, für das du dich niemals schämen musst sondern ganz ganz viel darauf achten musst… In deinen warmen braunen Augen sehe ich deine atemberaubende Schönheit und in deinem Lächeln eine faszinierende Zukunft….

Und dann kamst du… Vor zwölf Jahren, kurz vor Mitternacht, konnte ich als Frau nicht glücklicher, nicht stolzer sein können…. Seit diesem Tag und bis in alle Ewigkeit bin ich deine Mama… ich liebe dich und werde es weit über dieses Leben hinaus immer tun, denn Liebe ist die stärkste Kraft im Universum, die weit über den Herzmuskel hinaus, in ein unendliches Leben reicht…. Happy Birthday Azra Rana…

#668 #lassmichfrei

Welch wunderschönes Gefühl es doch ist, sein Leib und Leben, das Wertvollste Abends in den Schlaf zu legen. Ihm dabei zuzusehen wie friedlich es nachts schläft, tagsüber spielt und voller Energie jeden Tag ein Stückchen mehr über sich selbst heraus wächst. Unbeschreiblich schön und friedlich!

Dieser Frieden und Segen ist nicht jedem Kind gegönnt. Unzählige Kinder erleiden Hunger, Gewalt und Missbrauch. Derzeit sind in der Türkei mindesten #668 Kinder unter 3 Jahren mit ihren Müttern im Gefängnis. Dabei sollte man sich keineswegs Sondereinrichtungen für den besonderen Bedarf angepasst vorstellen. Es sind teils extrem überfüllte, aus hygienischen Gründen besorgniserregende, definitiv nicht kindergerechte Orte und Zustände. Kein Ort an dem sich die inhaftierten Frauen je vorgestellt hätten mit ihren Kindern zu landen. 

Das kollektive Schweigen und Verdrängen ist nicht auszuhalten. Wenn selbst die Verletzung der Rechte von Schutzbefohlenen nicht zur Aufruhr führen kann, wer ist dann noch für dieses Leid verantwortlich? Kann man noch sagen „Wir haben das nicht gewusst?“ oder befinden wir uns längst in einer Kollektivschuld?

Am 28.10.2017 finden weltweit Aktionen statt, um für das Leid der Kinder in der Türkei, die mit ihren Müttern im Gefängnis sind, Gehör zu verschaffen. Man kann über die sozialen Medien, mittels diverser Veranstaltungen aktiv sein. Auch wenn diese solidarische Zusammenarbeit wohl leider nicht die Freiheit für diese Opfer bedeuten. Aber zumindest kann diese Gemeinschaft morgen auf die Frage „was habt ihr damals für uns unternommen?“ ehrlich und aufrichtig antworten. Kindswohl kann und darf niemals ein Privileg für eine Minderheit auf dieser Welt sein!!! 

#Muttertagswunsch

Der Hashtag #Muttertagswunsch geht nun seit einiger Zeit durch unsere sozialen Netzwerke. Viele zeigen, dass unsere Bedürfnisse, Wünsche und Hindernisse gleicher Natur sind, das heißt Übernational und -konfessionell. Es ist schwierig neue Wege und Modelle zu finden. Insbesondere in Zeiten von Wandel und Krisen. Wir sind auf der Suche nach Formeln und Möglichkeiten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, nach Förder- und Erziehungsmodellen für Kindern von Vollerwerbstätigen Müttern. Wo aber ist der Stand der Entwicklung? Manchmal schon auf dem Mond und manchmal im dunkelsten Mittelalter!

Hier sind einige #Muttertagswunsch Ideen, die mir heute am Muttertag 2017 spontan einfallen und die ich jetzt hier gerne bloggen möchte. Ich wünsche allen einen wunderschönen Tag mit ihren Liebsten. Ich wünsche aber auch allen anderen Frauen, die nicht Mütter sind einen schönen Tag, denn Mutter sein ist zwar wunderschön aber nicht das einzige Format womit Frau sich definiert und was sie ausmacht!

Insbesondere möchte ich auf alle Frauen in türkischen Gefängnissen aufmerksam machen, die unschuldig verhaftet sind! Derzeit befinden sich ca. 17.000 Frauen und 500 Kinder in Haft (seit 7/17) unter inhumanen Zuständen und auf unabsehbare Zeit. Dieses Leid findet kaum Gehör!

Aus Protest werde ich persönlich heute davon absehen wunderschöne, idyllische Geschenk- und Kuchenfotos zu teilen. Ich solidarisiere mich mit allen, die heute nicht mit ihren Kindern und in Freiheit feiern!

Hier nun die Liste:

  1. Ich wünsche mir, dass alle unschuldig inhaftierten Mütter entlassen werden
  2. Ich wünsche mir, dass ich als Frau später nicht für die Entscheidung zur Mutterschaft bestraft werde mit Armut
  3. Ich wünsche mir den gleichen Lohn wie mein Kollege und Barrierefreiheit auch für Frauen mit Kopftuch
  4. Ich wünsche mir einen ausserschulischen Betreuungsplatz
  5. Ich wünsche mir wesentlich mehr Geld und Personal für Kinder und Erziehung
  6. Ich wünsche mir, nicht zwischen Beruf und Kinderwunsch entscheiden zu müssen
  7. Ich wünsche mir, dass es nicht mehr heisst „nur“ Hausfrau und Mutter
  8. Ich wünsche mir die Würdigung von Care-Arbeit
  9. Ich wünsche mir, dass Hausarbeit nicht verweiblicht wird
  10. Ich wünsche mir würdevollen Umgang mit Gefangenen
  11. Ich wünsche mir, dass Frauen Männern nicht die Gelegenheit des „Vater-seins“ nehmen
  12. Ich wünsche mir, dass wir unsere Natur für die Menschen, die nach uns kommen schützen und bewahren können
  13. Ich wünsche mir, dass Kinder keinen Hunger und Krieg leiden müssen
  14. Ich wünsche mir ein weltweites Waffenverbot
  15. Ich wünsche mir Demokratie für alle
  16. Ich wünsche mir die Achtung der Menschenrechte überall auf der Welt
  17. Ich wünsche mir für Familien humanere Arbeitszeiten
  18. Ich wünsche mir, dass Frauen nicht auf ihre Sexualität und ihre Körper reduziert werden
  19. Ich wünsche mir, dass die muslimische Community ihren Frauen die Rechte einräumt, die ihnen bereits von Gott gegeben sind
  20. Ich wünsche mir unendlich viel Kraft und Ausdauer bis zu meinem letzten Atemzug für die Verwirklichung dieser und der Wünsche anderer Frauen einstehen zu können!

TO BE CONTINUED….

Das kleine „Helal Einmaleins“

Es gab wiedermal Geburtstag im Kindergarten. Die Mutter des Geburtstagskindes richtete freudig die Torte und das Essen auf dem Tisch in der Gruppe vor. Sie kam lächelnd auf den Jungen und dessen Schwester zu und sagte freundlich: „Für euch zwei Süssen haben ich Pferdesalami mitgebracht. Ich weiss, dass ihr Moslems seid und kein Schwein essen dürft“. Die Geschwister schauten sich kurz an und überlegten. Ihre Eltern hatten nichts von Pferdesalami gesagt. Schwein war schlecht, nein es war sogar verboten, aber Pferd? Nein, Pferd war in Ordnung, sonst hätten die Eltern das auch erwähnt. Höflich bedankten sich die Kinder und aßen von der unbekannt neuen Kost. Zuhause erzählten die beiden von ihrem kulinarischen Erlebnis nichtsahnend. Der Vater schaute die Kinder etwas genervt und auch einwenig entsetzt an. Er war sichtlich überfordert mit der Situation. Die Kinder konnten ja nichts dafür, aber wussten die im Kindergarten denn das nicht, was Helal war und was nicht?! Dann entwich ihm ein äußerst unpädagogischer Satz aus dem Mund: „Na, dann ist es wohl geschehen! Ihr bekommt jetzt wie Pinokkio Eselsohren. Könnt ihr euch noch an die Folge erinnern, als er nicht hören wollte und zur Strafe ganz lange Ohren bekam? Tja, das passiert dann wohl auch demnächst mit euch, in eurem Fall dann Pferdeohren, wegen der Pferdesalami.“

Pinocchio_3D

Die Kinder rannten zum Spiegel. Voller Angst betrachteten sie tagelang ihre Ohren, bis ihr Vater ihnen gestand, dass er den beiden eine Lektion erteilen wollte. Er brachte ihnen zur Sicherheit das kleine „Helal Einmaleins“ bei:

1. zur Sicherheit kein Fleisch,

2. kein Alkohol und

3. alles was wir von zu Hause nicht kennen lieber weg lassen.

Diese kleine Anekdote haben tatsächlich ich und mein kleinen Bruder erlebt. Wir haben tagelang in den Spiegel gestarrt und unsere Ohren beobachtet. Pferdesalami war ab diesem Zeitpunkt ein NO-GO für uns!

Nach über 30 Jahren hat sich auf diesem Gebiet sehr viel verändert. Alles, was wir früher als „bedenkenlos“ verzehrt haben, meiden wir im Regal des Discounters. Dank den E-Nummern ist quasi die DNA des Lebensmittels entziffert- zum Großteil zumindest. Wer hätte damals gedacht, dass selbst pures Brot, Joghurt oder gar Käse nicht-Helal sein kann?!

Die Branche boomt. Wer die Marktlücke entdeckt hat, versucht die Helal-Community für sich zu gewinnen. Es kommen täglich neue Alternativprodukte auf den Markt, den Veganern sei Dank! Wer sicher gehen möchte kann in den sozialen Medien unzählige Foren finden, auf denen Konsumenten Kontakt aufnehmen und fragen, ob der Saft mit Gelatine geklärt wurde und welches Aroma denn in dem Kuchen nun drin ist. Für die ganz Genauen kann die App beim Einkaufen behilflich sein. Zwar gibt es immer noch unzählige Produkte, die nicht im System aufgenommen sind aber im Zweifel kann man dann ja auf die gewohnte Chips-Tüte zugreifen als mit der neuen Sorte auf Risiko zu gehen. Kitas und Schulen haben teilweise schon seit langem das Schweinekotelett weggelassen. Man kann aber auch gerne ganz auf Fleisch verzichten und sich bei dem vegetarischen Menü eintragen. Wobei in manch einer Einrichtung dieses sich dann erstaunlicherweise als abartig anders herausstellt. Die Vorstellung, dass das vegetarische Menü am Beispiel von Pizza dann eben als Pizza mit Gemüse Belag auf den Teller sollte, entspricht nicht der Realität. Das Kind mit dem veggie-Menü bekommt Gemüsesuppe, als ob es nicht schon genug „bestraft“ wäre! Wir arbeiten noch dran!

Das kleine Helal Einmaleins meiner Eltern habe ich meinen Kindern mitgegeben. Sicher werden diese es meinen Enkeln weitergeben. Sie lernen gerade, dass Helal Ernährung keine besondere Folterform ist, sondern eine Philosophie des bewussten und gesunden Umgangs mit Essen. Denn Helal Ernährung bedeutet nicht nur Schwein und Co. wegzulassen. Nein, Helal Essen bedeutet, jegliche Schadstoffe für den Körper und den Geist zu meiden und nur soviel zu sich zu nehmen, wie viel wir auch tatsächlich benötigen.

Bildquelle: http://de.kingdomhearts.wikia.com/wiki/Pinocchio

#regrettingmotherhood

Unsere heile Welt ist gekippt, und das alles mit einem Hashtag namens #regrettingmotherhood. Die  Studie einer israelischen Soziologin, die 23 Mütter intensiv zum Thema befragt hat, ist in aller Munde. Jedes Land tastet sich vorsichtig an das Thema und fragt sich „Wie sieht es bei uns aus?“. Die sozialen Medien durchleben eine regelrechte Beitragsinflation. Eins ist klar, unsereins ist manchmal überfordert, bereut so manches oder fühlt sich unqualifiziert ja sogar disqualifiziert.

Was hatten Mütter vor 100 Jahren, was wir nicht haben?

Früher schien das keinen zu stören. Weder die Frauen beschwerten sich über das Mutter-sein, noch die Gesellschaft, noch viel weniger die Kinder. Vielleicht hatten diese Frauen einfach den besseren Draht zum Mutter-sein. Vielleicht ist unsere moderne Gesellschaft einfach so komplex und kompliziert, dass wir vor lauter Anpassung und am-Ball-bleiben unseren Mutter-Instinkt allmählich verlieren? Ja, mag sein, dass früher im Haushalt alles schwieriger und aufwendiger war. Kann auch gut sein, dass Frau überwiegend im „Kinder-Küche-Kirche“ Takt getickt hat. Aber dafür musste sie nicht permanent darauf achten, wann welches Kind in welchen Kurs muss, und das am besten schon ab dem vierten Lebensmonat. Heutzutage fängt man gleich mit einigen Monaten mit dem Pekip-Kurs an, dann geht man über zur Krabbel-Gruppe, nicht zu vergessen den Purzel-Kurs. Man muss unbedingt schon früh genug beim Schwimm-Kurs seine Anmeldung betätigen, denn in Großstädten wartet man bis zu einem Jahr. Hinzu kommen dann noch Musik und Fremdsprachen, ja Fremdsprachen sind enorm wichtig. Dann hat man noch den täglichen Gang zum Spielplatz, gleich nach Kita und Schule, jeden Tag, bei Regen und Sonne. Vielleicht konnte man früher die Kinder alleine raus schicken, aber heute geht das nicht. An jeder Ecke lauern potentielle Pädophile, so dass man zum Wohle des Kindes am Spielplatz seinen Stammtisch hat. Wie die Männer eben in der Kneipe, so die Mütter am Spielplatz, nur eben mit ganz vielen Kindern und ohne Alkohol, versteht sich. Wobei manch eine dann schon immer ganz sachte an einer Thermosflasche nippt, kann sein, dass da nicht nur der Bio-Saft drin ist. Ach ja, wenn wir schon bei Bio sind, darauf muss man natürlich auch Wert legen, Bio, ausgewogen, vegan…

Heute muss man eben die Konditionen der Kinder so früh wie möglich optimieren. Man muss an der Karriere mitbasteln. Und Aufsicht ist besser als Nachsicht! Helikopter-Mütter, das war gestern, heute zählt Body-scan mit Drohnen-check. Tja, und all diejenigen, die das eben nicht zeitig machen, die haben dann die Loser-Kinder. Die Sorte, die man auf den privaten Sendern in die tollen Shows einlädt mit dem Motto „Lehre gesucht“, „Kinder-Mütter“ oder „I make your body sexy“. Nein, dann lieber 24 Stunden intensiv Kurs.

#regrettingsociety and #conditions

Ob diese 23 Frauen nun bei einer hypothetisch unmöglichen Wahrscheinlichkeit sich anders entschieden hätten und keine Kinder bekommen hätten, darauf werden wir niemals eine Antwort bekommen. Das sie jedoch alle samt auch ganz wundervolle und einzigartige Momente und Erlebnisse mit ihren Kindern haben, ist ganz gewiss. Jedes Kind, auch das allerschlimmste Schreibaby oder der fürchterlichste Trotzkopf verwandelt sich im Schlaf in einen unschuldigen Engel.Wenn es eins gibt was Mütter exzellent beherrschen, dann ist das doch vergeben und vergessen.  Jede Phase in der Entwicklung birgt ganz besondere und faszinierende Erinnerungen an die sich unser mütterliches Gedächtnis klammert. Es ist wohl heute nicht das #motherhood, was wir bedauern, sondern wohl eher #regrettingsociety und #conditions, die von unserem Dasein als Frau und Mutter soviel abverlangt. Denn tief im inneren weiß jede, ja sogar diese 23, dass der Verlust dieser kleinen Menschen einfach unbeschreiblich fürchterlich wäre. Ebenso sind sich doch alle Mütter darüber bewusst, dass Millionen von Frauen weltweit, alles, aber auch alles dafür geben würden, um einfach nur die Mutter ihres eigenen Kindes sein zu dürfen.

Mütter sollten also nicht die Rolle einer übersinnlich heroischen Heldin spielen müssen. Auch sollten sie nicht mit all den Strapazen und Schwierigkeiten der Kinder alleine gelassen werden. Die Rollen der einfühlsamen und einflussreichen Großmütter, Großväter, Tanten und Onkel sollten wieder vergeben werden. Der Begriff „Familie“ müsste sich erneut von der Vater-Mutter-Kind-Konstelation heraus in größere Verbindungen ausweiten. Anstatt immer die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere durchzuplanen sollte man die einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen der Familienmitglieder vereinbaren. So und nur so, kann man die Mutter, einfach nur die Mutter von xy oder aber xx sein.

Frei oder nicht-frei? Das ist hier die Frage!

pice

Seit einer Woche bin ich stolze Mutter eines Schulkindes. Die unendliche Freude und völlig unbekannte Spannung ist unbeschreiblich. Es zählt sicherlich zu den belustigenden Aktivitäten in der Vita, ich meine den Part mit, 2 karierte DIN A 5 Hefte, aber die Kästchen müssen definitiv für Erstklässler geeignet sein, Schreiblernbleistift, etc. pp. Mein Mann gestand uns, mir und meinem damals noch Vorschulkind, dass wir wie zwei völlig irre Besessene ausgesehen haben, als wir im Laden die Materialliste abgeklappert haben. Als die Liste beisammen war, alles beschriftet im Ranzen seinen Platz gefunden hat, fühlte ich mich so erschöpft als hätte ich all diese Sachen eigenhändig produziert. Das Endergebnis konnte sich zeigen lassen: Alles nach Wusch der Lehrerin und nach dem Geschmack der Konsumentin. Auftrag erledigt!

Die darauf folgende Aufgabe, stellte sich im Nachhinein etwas komplizierter als erwartet. Am ersten Schultag sieht es immer völlig simpel aus, wenn all die Knirpse mit ihren Schultüten posieren. Ich gestehe, ich hätte damit nicht bis nach dem Urlaub warten sollen. Und ich gestehe, ich hätte vielleicht einmal nicht Wanna-Be -Pädagogin spielen sollen, und das Kind so stark in diese Sache einbinden sollen. Es kam wie es kam. Man bestand darauf keine fertige Tüte zu kaufen sondern eine individualisierte zu basteln. Wen wundert das eigentlich? Wir leben im Zeitalter der extrovertierten Individualisierung. Das einzige Problem war nur, dass alle personalisierbaren Schultüten-Rohlinge entweder ausverkauft oder beschädigt waren. Not macht erfinderisch! Wir besorgten uns vom Buchhandel! eine einfarbige Schultüte. Dann kam das Motto: Eisprinzessin. Dabei wäre doch Fliegenpilz und Schmetterling um so vieles einfacher gewesen. Aber nun gut. Ich konnte mich ja von solch einer Mini-  Komplikation aus der Bahn werfen lassen. Mit ein bisschen Unterstützung von Google, sehr viel Decollage Kleber und unendlich vielen Strasssteinen und Rüschen, war das Ding endlich fertig. Der Inhalt war dann vergleichsweise relativ simpel: Süßes+Niedliches+Nützliches. Auftrag erledigt!

Wir einigten uns dann noch recht flott mit „Prinzessin-auf-der-Erbse“ über Outfit und Frisur, so konnte dann der heiß ersehnte erste Schultag kommen. Wir bekamen recht freundliche Unterstützung von Oma und Onkel. Es war also alles perfekt. Ich hatte meinen Teil absolut gewissenhaft und meisterhaft erledigt. Sie war happy, die Lehrerin zufrieden.

Falls ihr euch nun wundert und euch fragt „was hat das jetzt alles mit der Überschrift zu tun?“. Nach nunmehr sechs Jahren gebe ich mein Kind in die edukative Obhut der Schule. Ich muss mir keine- oder zumindest keine allzu großen Sorgen, über das leibliche und geistige Wohl machen. Wünsche mir von ganzem Herzen, dass sie sich in Zukunft mit einem ganz breiten Grinsen an diese Zeit erinnert. Und der Preis für all das? Morgens um 6 Uhr aufstehen-Brote schmieren- wie am Fließband Elternbriefe absegnen und zusehen, dass ich es gebacken bekomme das Kind wieder um 11:30 Uhr abzuholen.

Hmm wie Hort?! schießt nun einigen durch den Kopf. Tja, dazu ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet. Die Plätze sind rar, die Vergabe undurchsichtig-nicht nachvollziehbar. Ich habe mir mittlerweile schon meine Sportschuhe bereit gestellt. Denn das ganze ähnelt mehr einer kraftaufwendigen extrem Leistungssportart als der wohlverdienten Freiheit, von der jede Mutter träumt.

In die Kita und danach heulen

Ich mache das ja nun schon zum zweiten mal mit. Aber zweimal heißt schon lange nicht geübt, besser, professionell oder härter. Nein! Die Tragödie spielt sich eins zu eins nochmal ab. Ein deja-vue also. Über unsere deutschen Kitas lassen sich ja heute alle aus. Auch ich werde dazu dann noch meinen Senf abgeben. Aber nicht heute. Dafür ist der Kloß in meinem Hals viel zu groß, die Augen viel zu angeschwollen und die Nase zu feucht. Als Mutter macht man ja mit den Kindern die interessantesten Sachen mit: Zahnen, Laufen, Radfahren, Kinderkrankheiten pi pa po. Aber ich finde das schwerfälligste ist dann doch die Eingewöhnungsphase in die Kita. Ich weiss nicht warum. Ich kann mir das eigentlich nur damit erklären, dass ich an der akuten Trauer, dem Trennungsschmerz meines Kindes mitverschuldet bin. Ja, manche mögen mir jetzt widersprechen und ganz pädagogisch daher kommen und sagen „das tut dem Kind doch gut! Es muss ja unter gleichaltrige“ und noch so in der Art. Aber sorry Leute. Vor exakt zwei Stunden habe ich mein dreijähriges Kind heulend in der Kita gelassen. Da hilft weder Montessori noch Freud. Es ist wie es ist. Ich fühle mich hundeelend. Als ob ich mein Kind in einem Stall voller Kinder und nicht wirklich begnadeter und scheinbar noch weniger motivierter Erzieherinnen ausgesetzt hätte. Selbstverständlich habe ich mich nach 10 Minuten telefonisch erkundet, wie es dem Kind geht. Es solle mit der Erzieherin in der Bau-Ecke spielen und nicht mehr weinen. Stimmt wahrscheinlich-gehört habe ich es zumindest im Hintergrund nicht.

Wie fühle ich mich jetzt?

Nicht frei und auch nicht sorglos.Vielleicht kommt das noch. Es ist eine schwerfällige Trägheit eine umfassende Ohnmacht auf mir. Vielleicht vergeht das. Um die Zeit bis zum Abholen besser überbrücken zu können, habe ich mich an diesen Text gesetzt. Eigentlich hätte ich laut Plan eine Menge anderer Dinge zu tun. Dafür habe ich jetzt weder die Kraft noch die Lust. Ich als Mutter, die sich vor zwei Stunden von ihrem Kind trennen musste, darf man das. Und das ist gut so!

 

Photo: http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.muhteva.com%2Fresimler%2Fmasausturesimleri%2FAglayan-Bebek-Resimleri.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.muhteva.com%2Faglayan-bebek-resimleri-t195875.html&h=797&w=1048&tbnid=OaQ2gbtws9sGjM%3A&zoom=1&docid=pUiMgMVGGAj1hM&ei=sIC1U6vvH_TS4QTF4oDADw&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=768&page=1&start=0&ndsp=23&ved=0CCkQrQMwAw

Laterne, Laterne, Sonne Mond und

Gestern Abend hatte meine kleine große Tochter ihre Premiere: Laternenumzug im Kindergarten. Wir konnten zwar keines der zuvor wochenlang ewig einstudierten Laternenlieder mitsingen, weil wir viel zu sehr damit beschäftigt waren uns auf die Kerze und die Laterne zu konzentrieren und gleichzeitig zu hinterfragen warum denn nun alle Kinder mit ihren Eltern um diese Uhrzeit so laut singen. Ach ja und der Hit war ja dann St. Martin auf seinem weißen Ross:“ Mama, ich glaub das Pferd muss jetzt langsam schlafen, es schnauft schon so müde“. Das war dann das Stichwort, dass wir uns von der Party frühzeitig verabschieden. Auf dem Heimweg haben wir uns dann noch so einen batteriebetriebenen Laternenstab besorgt und dann noch daheim ganz viel „Laterne, Laterne…“ gesungen.

Ich war verwundert, dass ich teilweise die ganzen Lieder noch immer sehr gut konnte, obwohl ich sie seit knapp 30 Jahren nicht mehr gesungen habe. Dann ist mir eingefallen, dass ich wahrscheinlich noch viel katholischer bin, als viele der am Abend anwesenden Eltern. Ich war ja auch drei Jahre im katholischen Kindergarten und neun Jahre auf einer katholischen Mädchenschule. Wen wundert’s da:))