Das es im Leben nicht immer zugeht wie auf einem Ponyhof, das weiß ich ja schon länger. Aber dass es nicht unbedingt wie auf einer nicht-artgerechten Schweinefarm zugehen muss, das weiß ich auch! Wie der Zufall es will, befinde ich mich gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Es ist hart auf etwas verzichten zu müssen, was einem so sehr ans Herz gewachsen ist, was man wie sein eigenes Kind groß gezogen hat, und was einem dann so von heute auf morgen entzogen wird, wie quasi irrtümlicher weise total unbegründet und unberechtigt vom Jugendamt; in meinem Fall durch die Finanzkrise des Unternehmens. Was nun? Wo ich doch so ein strenggläubiger Workaholiker bin. Ich habe gemerkt, dass ich mich in den vergangenen Jahren stark durch meine Kinder und meine Arbeit definiert habe. „Sage mir was du arbeitest und ich sage dir wer du bist“ dieser Satz stand scheinbar in unsichtbarer Schrift über meinem Schreibtisch. Tja und jetzt wo ich ja nicht mehr arbeite, also müsste es heißen im Folgeschluss, bin ich nicht. Das war ich glaube ich in den letzten drei Monaten auch. Ich war einfach nicht. Weg. Einfach ausgeschaltet. Wie bei allen anderen Arbeitslosen, ist man zunächst einfach nur wahnsinnig traurig, irritiert, dann nochmal traurig, dann desorientiert, dann wieder traurig, usw. bis sich der Kreis dann zunächst mit Zorn, Wut, und dann mit einem impulsiven „jetzt reicht’s aber mal wieder“ schließt.
Pech-Magnet
Wir leben ja in einem Sozialstaat. Da kann einem Gott sei Dank nicht viel passieren. Man muss dann eventuell einige Abstriche machen, aber im Vergleich zu anderen Mitmenschen auf der Welt, ist man in Deutschland auf der sicheren Seite. (An diesen Satz glaube ich übrigens trotz allem immer noch) Dank der jahrelangen Work-Life-Children Balance, bin ich also nicht berechtigt Arbeitslosengeld zu beziehen. Pech Numero 1! Wenn ich nicht arbeite, habe ich keinen Anspruch auf einen Hortplatz für meine Tochter, die in die erste Klasse geht und unverschämterweise jeden Tag um 11:30 Uhr aus hat. Die vom aussterben bedrohten Hortplätze sind rar und mithalten kann man da wirklich nur wenn man Alleinerziehend, todkrank oder ähnliches ist. Mit ganz viel Aufwand hatte ich es kurz vor meiner Kündigung hingekriegt eine provisorische Gruppe zusammenzustellen. Diesen Platz habe ich dank meines erneut aufgenommenen Studentenstatus erhalten. Allerdings zerplatzt nun diese Seifenblase von Betreuung, allerdings aus völlig anderen bürokratischen Gründen, auf die ich vielleicht bei einem anderen Eintrag eingehe. Da ich nun meinen Studentenstatus habe, bin ich nicht Hartz-IV -Berechtigt. Pech Numero 2! Aber Bafög bekomme ich auch keines mehr da ich schon 35 bin, somit Pech Numero 3!
Um nicht alles immer auf Behörden-Gedös auf mich hinzunehmen lege ich Widerspruch ein und bekomme genau einen Monat später einen Termin. Ich versuche meine Situation klar und verständlich zu verdeutlichen. Ich bin 35, habe zwei kleine Kinder, Migrationshintergrund, Kopftuch und keine Berufsausbildung.Das Studium dauert in meinem Fall nicht wirklich lange, das letzte Drittel nimmt nicht mehr wie 3 Semester Zeit in Anspruch, und würde eventuell meine beruflichen Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt erhöhen. Nein! Gesetz ist Gesetz. Da lässt sich nichts machen. Das sei bitter in meinem Fall aber so ist es nun mal im Leben. Ich bin gefasst, denn damit war zu rechnen. Eine Exmatrikulationsbescheinigung möchte man dort sehen, damit man mir helfen kann. Ich solle mir schon mal Gedanken machen, wo ich mich am liebsten eingliedern lassen möchte; in den Erziehungs- oder Pflegebereich. „Haben Sie schon einmal gedacht in die Türkei zurückzugehen?“ werde ich gefragt. „Sonne, Strand und Meer, die Türkei ist doch ein schönes Land“ höre ich noch. „Sie schauen wohl keine Nachrichten oder? Mit zwei Kindern ist das für mich nicht die naheliegendste Option derzeit, außerdem muss man von woher kommen um zurückzugehen, ich bin in Deutschland geboren!“
Not hopeless aber planlos
Die Hoffnung stirbt Gott sei Dank zuletzt. Nach drei Monaten Trauer habe ich mich für neue Jobs beworben. Ich „knicke“ den Job des Journalisten nicht, wie man mir im Jobcenter zusicherte. Vielleicht schreibe ich jetzt einfach anders, aber ich schreibe. Ich habe als Kind zwei Allergie-Schocks mit völliger Bewusstlosigkeit und Körperstarre überlebt, so leicht kriegt man mich nicht vom Feld. Es mag sein, dass es ein sehr langer und harter Winter wird, aber dafür wird der Frühling umso schöner.
Fotoquelle http://triops-zucht.over-blog.de/article-26630551.html