Man meint immer, vieles Böse und Üble gibt es heute nicht mehr in dem Maße wie „früher“. Denn warum auch? Heute spricht man von Zivilisation, Globalisierung, Liberalisierung und Menschenrechten. Wenn man jedoch genauer hinschaut, dann könnte man an manchen Tagen genau die gegenteilige Hypothese vertreten. Leider sind manche längst überwunden gedachte Makel, beendet gehoffte Ideologien und Buße gezeigte Sünden mitten unter uns! Wir tun uns schwer es beimNamen zu benennen: Rassismus- Diskriminierung- gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit… Immer lauter scheinen sich die Anhänger zu artikulieren, sich des öffentlichen Raums zu bemächtigen. Auch wenn die Betroffenen und Gegner dieser rassistischen „Landeinnahme“ solidarisch und den heutigen Formaten bedienend (Internet, Networking, Aktivistisch) dagegen stellen, macht es doch etwas mit einem. Generell scheint der Hasspegel ähnlich wie das Wasser an den Polen zu steigen. Eventuell hat der globale Klimawandel selbst darauf einen Einfluss.
Jede Auseinandersetzung, jedes Aufeinandertreffen dieser Art hinterlässt Spuren. Sicherlich können die meisten Betroffenen sich verbal perfekt verteidigen und lassen weder ihre Zugehörigkeit noch ihre Identitäten von derartigen rechtswidrigen Handlungen absprechen oder abhängig machen. Aber dennoch ist man nach einem verbalen Angriff in der Bahn, im öffentlichen Raum, im ersten Moment extrem erschöpft, innerlich aufgebracht, wütend, verletzt und ungemein traurig. Es wird in erster Linie die persönliche Existenz in ihrer Form verweigert und abgesprochen. Man ist hier nicht erwünscht. In den allerseltensten Fällen schreitet nämlich dann auch einer der Gaffer, solche sind sie dann nämlich- sofern sie solch eine Tat negieren, aber nicht die Courage aufzeigen einzuschreiten oder zu unterstützen, ein. Falls der/die Nazi (gibt es eigentlich die weibliche Form?) vorzeitig den öffentlichen Raum verlässt, dann outen sich Gaffer und sprechen sich solidarisch. Um es verständlich zu formulieren: diese Solidarität ähnelt dem Nachgereichten Klopapier, welches kommt, nachdem man die Toilette, in der sich keines befand, verlassen hat! Nett gemeint aber leider viel zu spät. Das deutsche Sprichwort „besser spät als nie“ ist meines Erachtens, hier nicht anwendbar!
Sicherlich macht die gesamte Begegnung auch was mit den Nazis, wenn sie den öffentlichen Raum verlassen, nachdem sie ihre menschenverachtende und rassistische Kotze losgeworden sind, am besten an der Frau mit Migrationshintergrund und Kopftuch, an der das Anderssein am offensichtlichsten ist. Insbesondere macht es was mit ihnen, wenn sie keinen Erfolg hatten, weil zum Beispiel die Frau ambivalent genug war, nach Zygmunt Bauman, so gar nicht deutsch aussah, aber in der dritten Generation schon hier zu Hause ist, den deutschen Pass hat, extrem feministisch unterwegs ist, und kein Blatt vor dem Mund hat und ultra allergisch gegen Ungerechtigkeit ist. Tja dann hat sich der/die Nazi sich im öffentlichen Raum die Zähne an ihr ausgeschlagen, ist total angepisst, steigt aus der Bahn aus und isst erst mal einen Döner….
Du warst wahrscheinlich leider nicht die letzte rassistische Begegnung. Aber ich bin keine Kolonie, die man vereinnahmt, keine Frau, die man mundtot kriegt und kein Mensch, der wegsieht! Heute bin ich vielleicht ermüdet aus der Bahn ausgestiegen, aber bin zumindest Mensch geblieben, was du leider nicht geschafft hast…
Geçmiş olsun canım..
Gerne hätte ich dich in Action gesehen.
Wichtig, solche Ereignisse festzuhalten. Danke für deinen Beitrag!